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Rückblende: Inselbahn Wangerooge
 

Fährmann, hol´über und dann moin, moin

Wangerooge ist die westlichste und mit Baltrum kleinste der bewohnten Ostfriesischen Inseln. Gleichwohl gilt der Ort schon seit Jahrzehnten als besonders familienfreundliches Eiland, ohne den oftmals zu findenden mondänen Touch und ist autofreie Zone. Ein Ort so richtig zum Faulenzen, Wandern und Baden in der frischen Nordsee. Und sollte man dazu auch noch ein Bahnfan sein, so ist die Gegend eine optimale Kombination von Erholung und Hobby, ohne jeden Stress von “Züge verfolgen” und so. Die Inselbahn gilt hier als wichtiger Zubringer aller Personen und Güter auf die Insel und ist untrennbar mit den Bewohnern, Urlaubern und der Landschaft verbunden. In den letzten Jahrzehnten hat sich fahrzeugmässig natürlich vieles verändert und die alte Schmalspurromatik gibt es so nicht mehr. Aber auch heute ist bahnbezogen noch vieles zu entdecken und zu fotografieren, und ein “Paradies” ist die Insel ohnehin. Unser Bericht hingegen führt Sie von der Tendenz her zurück in andere Zeiten, als es “DB-Zeit” war und es vielleicht auf der Insel auch noch etwas beschaulicher zuging. Dass es dabei auf einigen Bildern schonmal etwas maritimer zugeht, dürfte in der Natur der Dinge liegen. Und viele Bahnfans interessieren sich auch für andere Verkehrsmittel oder technische Bauten und, nicht zuletzt, der Bäderverkehr wurde zur Zeit der Aufnahmen ja mit Schiffen der Bundesbahn durchgeführt.
Wo nichts anderes angegeben ist: Fotos (30) VOBA.

Während die kleine Köf 99 einen alten Wagen von der Güterverladung im Ortsbahnhof Wangerooge auf das Streckengleis zurückzieht, begrüsst uns im Hintergrund der alte Leuchtturm, der bis Ende der 60er Jahre in Betrieb war (Juli 1967).

Die letzte Dampflok der Inselbahn war bis 1957 im Planeinsatz, bevor zwei neue Köf-Maschinen (rechts) auftauchten. Bis 1968 stand die Maschine weiterhin im Lokschuppen und wurde dann an den Fuss des Leuchtturms verbracht (8/1967).

Es fehlt nicht viel, dann fährt die Inselbahn durch die Nordsee, was gar nicht mal so selten vorkommt. Die Strecke zum Anleger links führt hier über einen Damm. Im Hintergrund der sog. Westturm (329 504 am 1.6.1988).  Foto Ulrich Budde

Im “Bw” Wangerooge steht die Köf 99 herum, die seit 1968 eine computergerechte neue Betriebsnummer besitzt. Für einen reibungslosen Betrieb ist die aufmerksame Pflege der Fahrzeuge eine absolute Notwendigkeit (August 1969).  

Es waren noch Zeiten, als die “United Staates” über den Atlantik kam! Eine tolle Fahrt mit den DB-Schiffen gab es zur Verabschiedung dieses Ozeanriesen im August 1967. Schiffstouren von Wangerooge aus gibt es natürlich auch heute.

Am Anleger ist oft viel Trubel. Während die Urlauber aus der “Wangerooge” (III) (Bj. 1985) ausgestiegen sind und zur Inselbahn stürmen, werden Frachtgüter auf die Flachwaggons verladen (399 106 im Sommer 1995). Foto Zeno Pillmann

Die Inselbahn auf Wangerooge 
Am 3. Juli 1897 konnten die Oldenburgischen Staatsbahnen auf der Insel die erste Strecke eröffnen. Damit verbunden war auch eine Übernahme der auf dem Festland liegenden, einige Jahr zuvor erbauten Linie von Jever zum Hafen in Harle von der “Jever-Carolinensieler Eisenbahn-Gesellschaft”. Mit gleichzeitigem Kauf des ersten Dampfers “Nordfriesland” begann sodann der bis heute noch gegebene Seebäderdienst unter staatlicher Regie. Die erste Strecke wurde gebaut vom sog. Westanleger aus ins Dorf mit einem Kopfbahnhof in der heutigen Zedeliusstrasse (3,5 km). Der Anleger lag etwas weiter westlich als der uns heute bekannte und war nur im Sommer geöffnet. Für den Winterbetrieb musste der wenige Meter weiter östlich befindliche Marineanleger mitbenutzt werden. Der Anleger von heute wurde anno 1912 als “Kanonenbrücke” gebaut und in den späteren Jahrzehnten mehrfach verstärkt. Schon diese Hinweise weisen auf die starke militärische Bedeutung der Insel hin, was sowohl nach der Jahrhundertwende bis hin zum Ersten Wetlkrieg als auch in den Vorbereitungen und während des Zweiten Weltkrieges zu umfangreichen Baumassnahmen, Gleisanschlüssen und vielen zusätzlichen Transporten führte. Dazu gehörte auch die Massnahme, eine Stichstrecke Richtung (alten) Westturm zu bauen, was anno 1900 gemacht wurde. Diese Linie zweigte beim Hp. “Saline” von der Hautpstrecke ab (1,9 km). Die Strecke ist auch heute noch vorhanden (im Westen liegen der Bauhof vom Wasser- und Schiffahrtsamt, der neue Leuchtturm, der neue Westturm sowie mehrere Schulland-/Kinderheime) , aber in einer etwas anderen Trassierung. Im Jahre 1904 wurde die Strecke ostwärts über die gesamte Insel verlängert und bekam auch dort auch einen Ostanleger für die Schiffe aus Bremerhaven und Wilhelmshaven (5,4 km). Die Linie wurde für kurze Zeite auch in den vorhandenen Kopfbahnhof eingefädelt, aber bereits ein Jahr später wurde südlich des Leuchtturms ein neuer Bahnhof erstellt, der nun in direkter Verknüpfung der beiden Linien als Durchgangsstation konzipiert war. Gleichzeitg wurde östlich vom Bahnhofsgebäude ein zweigleisiger Lokschuppen errichtet, südlich eine Werkstatt sowie bald eine zweigleisige Bahnhofshalle mit abschliessbaren Türen errichtet. Mitte der 30er Jahre bekam die Werkstatt einen zweigleisigen Anbau, womit der alte Lokschuppen aufgegeben werden konnte. Dieses Ensemble ist auch heute noch für die Unterhaltung der Fahrzeuge in Betrieb. Am 25. April 1945 wurde die Insel von einem schlimmen Luftangriff heimgesucht, wobei insgesamt 335 Tote zu beklagen waren. Die Inselbahn war auch stark beschädigt. Speziell die Bahnhofshalle wurde zerstört und später abgerissen. In den 50er Jahren begann dann der touristische Aufschwung des Nordseebades, zunächst allerdings weitgehend in der Sommersaison. Probleme gab es eigentlich von Anfang schon mit dem Ostanleger, der hochgradig versandete, x-mal verändert wurde und schliesslich 1958 aufgegeben wurde. Damit gab es natürlich auch für die Existenz der Linie dorthin keine weitere Berechtigung, was schnell zum Abbau der Gleise führte. Lediglich im Bahnhofsbereich werden einige Hundert Meter noch als Ziehgleis benutzt. Im Gegensatz zu den Fahrzeugveränderungen hat sich am Gleisnetz in den letzten Jahrzehnten kaum was geändert. Für einige Jahrzehnte bestand an der “Saline” ein Gleisdreieck für direkte Fahrten in der Relation Westanleger/Westen, das bis 1969 bestand. Anno 1988 entstand “ökogemäss” westlich vor dem Bahnhof ein neues Anschlussgleis zur Müllpressanlage.      
 

Die Lok mit einem Waggon - bei den Rangierarbeiten im Inselbahnhof keine Seltenheit. Der Kesselwagen (Wasserwagen 92) muss natürlich an die entsprechende Entladestelle geschleppt werden, denn an der Güterverladung kann man ihn schliesslich nicht entleeren. Die beiden Köf 99 502 und 503 aus dem Jahre 1957 wirkten wesentlich wuchtiger als die Schwesterlok 501, die 1952 angeliefert wurde. Die 501 basierte ja im Aussehen fast vollkommen auf den seinerzeitigen sog. Heeresfeldbahn-Maschinen. Aber im Grundaufbau und in den Leistungsmerkmalen bestanden kaum Unterschiede. Für die Bahnmitarbeiter war aber jetzt wesentlich mehr Platz im Füherhaus vorhanden, was wohl ein ganz entscheidender Grund für die Tatsache gewesen sein dürfte, dass die beiden Loks fast immer die Personenzüge zogen. Die Köf 99 503 mit dem aus dieser Sicht “wackeligen” Keselwagen konnte man im August 1967 ablichten.   

Auf der Inselbahn gibt es einige sog. Mittelbordwagen, also ein Zwischending von Niederbord- und Hochbordwagen. Bei der Normalspur sind diese Waggons eher seltener zu finden. Im Bild der Wagen Nr. 53 der Bauart “OO”. Er ist ein Holland-Oldie von 1923 (als “Milchwagen” gebaut bei Pennak, NL) Er kam als Beute der Organisation Todt 1944 auf die Insel, war da der Flachwagen 55. Den Aufbau erhielt er erst 1961 in Wangerooge. Er wurde nach den Listen 1972 ausgemustert. Im Rangiereinsatz sehen wir die Kof 329 502. Interessant an dieser Ansicht ist zudem die westwärts gelegene Rückseite vom Lokschuppen bzw. der damit verbundenen Werkstatt. Der Werkstattlokschuppen links hat die Form und den Baustil von der ehemaligen zweigleisigen Bahnhofshalle, die im letzten Weltkrieg stark beschädigt und dann abgetragen wurde (Foto von 1969).

Ein Dampf-Foto von vermutlich Anfang der 50er Jahre. Es könnte allerdings auch ein Vorkriegsbild sein. Wer sich bei den Fahrzeugen der Bahn auskennt, wird die Zeit auf jeden Fall zwischn 1936 und 1957 einordnen können. Denn die beiden Personenwagen aus der Dreier-Serie C4i Nr. 17-19 wurden 1936 angeliefert, während es sich bei der Dampflok nach der Silhouette der Dome um die 99 211 handeln muss, die bekanntlich bis Sommer 1957 im Planeinsatz war. Der Gepäckwagen ist auf jeden Fall einer der beiden PwPost4 Nr. 101/102. Der Streckenabschnitt ist unverkennbar die “Lagunen-Trasse” zwischen Westanleger und Saline mit dem Westturm. Zu den Bezeichnungen der Wagen muss man übrigens wissen, dass sie sich mehrmals verändert haben (u.a. durch Abschaffung der 3. Wagenklasse 1956 oder durch die UIC-Reform 1965). 
Foto Sammlung VOBA

Eine typische Abfahrtszene im Ortsbahnhof von Wangerooge und eine ebenso typische Zusammenstellung der 60er Jahre. Neben der sechsteiligen Personenwagen-”Einheit” plus Post-/Gepäckwaggon müssen natürlich die Gepäckcontainer für die Touristen mitgenommen werden, die in dieser Anordnung am Anleger ganz schnell aufs Schiff verladen werden können. Nicht immer im Personenzug planmässig sind desweiteren noch Milchkannen zu befördern und es muss ein gedeckter Güterwaggon mitgenommen werden. Eine stattliche Fuhre, die hier die Köf 99 502 im Sommer 1967 zu befödern hat. Aber insofern kein Problem, da es Alltag auf der Bahn ist. Und es geht ja eher gemächlich mit grossem Ruckeln über die oft wenig plan verlegten Gleise auf der Insel. Auf diesem Bild ist zudem gut der Oberbau des Gleisnetzes zu sehen. Von an sich üblicher Beschotterung keine Spur, alles liegt mehr oder minder fest auf dem Sand. Also, Modellbahner aufgepasst, dass man bei der Nachbildung auch die richtigen Materialien nimmt! Der Güterschuppen links hat übrigens wenig später im oberen Bereich eine Schutzblende bekommen (s.u.). 

Ein Kurzgüterzug wie aus einem Bilderbuch der Schmalspurromantik und eine ganz tolle Fuhre als Vorbild für die Modellbahn! Wir stehen im August 1969 auf dem Deich und bewundern die Köf 329 502, wie sie mit ihren beiden Waggons vorbei zuckelt. Der kurze Zug kommt vielleicht vom Anleger, könnte allerdings auch eine Versorgungsleistung aus dem Westen sein. Der urige Privat-Kesselwagen (vier Stück davon gab es) mit dem bekannten Esso-Emblem wirkt in dieser Perspektive ein bisschen so, als ob er einen etwas anderen Maßstab als die beiden anderen Fahrzeuge hätte. Was natürlich nicht der Fall ist, denn die Köf-Maschinchen sind bekanntlich ziemlich niedrige Fahrzeuge. 

Wir haben uns auf dem Deich kurz Richtung Osten orientiert und an der Zeitmaschine zwei Jahrzehnte weiter gedreht. Nicht nur erkennen wir neue Bauten entlang der Bahnstrecke, sondern wir sehen auf den bisher einzigen auf der Insel eingesetzten Triebwagen. Dieser stammt von der Inselbahn Spiekeroog (Baujahr 1933, ex Kleinbahn Emden-Pewsum- Greetsiel) und wurde nach Stillegung der Bahn dort anno 1981 samt einigen Personenwagen (im Bild) nach Wangerooge versetzt. In Spiekeroog als T 5 bezeichnet, bekam er nun im DB-Schema die Nummer 699 001-4. Er wurde im Jahre 1993 (nach Anlieferung zweier neuer Dieselloks) aber schon wieder ausgemustert (als 699 101-2) und gelangte zur DEV-Museumsbahn nach Bruchhausen-Vilsen. Mit lautem Brummen zieht er an uns vorbei Richtung Anleger, während zwei Nachwuchsfans wohl in die Fusstapfen des fotografierenden Papas treten wollen (Aufnahme am 26. Mai 1988).
Foto Ulrich Budde

Wagenfans kommen -oder besser kamen- bei der Inselbahn voll auf ihre Kosten. Der Wagenpark ist im Grunde ein Spiegelbild eines Bereiches auf dem Festland, denn man muss(te) ja für alle möglichen Transporte geeignete Wagen zur Verfügung haben. Kesselwagen haben dabei immer einen besonderen Status und faszinieren die meisten Bahnfans. Auch bei den Modellbahnern haben sicherlich viele in der Anfangspackung einen Kesselwagen erhalten. Besonders interessant ist der abgebildete Dienstwaggon, meist als “Wasserwagen” bezeichnet (Nr. 92 mit Neubaukessel auf einem vorhandenen Untergestell von 1961). Um diese Funktion auch zu behalten, durfte er natürlich nicht mit den anderen Kesselwagen in einen Topf geworfen werden und besass ein besonderes, mehr weisses (und sauberes!) Outfit (Foto von 1972). Vgl. übrigens das neue Schuppendach links.

Mal eine Ansicht ohne ein Bahnfahrzeug. Aber so kommt die interessante Form des alten Empfangsgebäudes von 1906 besser zur Geltung. Der Trakt ist im typischen Stil vieler Bahnhöfe der Oldenburgischen Staatsbahnen erstellt und hat im östlichen Bereich einen Uhrenturm. Auf der Strassenseite steht im oberen Bereich die schöne Einladung “Kehre wieder”. Heute hat der Bahnhof auf der Bahnsteigseite eine modernere Überdachung. Sie hat sicherlich für die Fahrgäste ihre Berechtigung, aber der schöne Eindruck wird dadurch doch ziemlich getrübt. Links sehen wir die Güterverladung, deren Gleis einige Zentimeter unter dem anderen Gleisniveau liegt. Die Verkleidung mag auch ihren Sinn haben, aber harmonisch sieht das alles nicht aus (vgl. Foto oben). Die Aufnahme wurde im Sommer 1973 gemacht. Inselbahner, wäre das nicht ein tolles Modellvorbild? 

Strecke zum Westen
Die Stichstrecke vom Abzweig “Saline” in den Westen der Insel wurde am 4.Juli 1901 eröffnet, zunächst unter der Obhut der Kaiserlichen Marine. Die Insel Wangerooge galt seit jener Zeit als schweres Bollwerk und wurde, speziell im Westbereich, sehr stark befestigt und militärisch ausgebaut. Für die vielen Transporte gab es ja dann auch den separaten Marineanleger (heutiger Westanleger). In den Jahren 1933/34 wurde am Ende der Strecke, etwas südlich der “neue” Westturm aufgebaut (56 Meter hoch). Dieser wurde jenem alten Turm nachempfunden, der früher Teil des Dorfes war, aber nach verheerenden Sturmfluten 1854/55 vor der Westküste als einziges Gebäude übrig geblieben war, aber nun im Wasser stand. Dieses Wahrzeichen war 1914 aus militärischen Überlegungen der feindlichen Ortung gesprengt worden. Später kamen im Westen etliche Ferienheime hinzu, die heute von Schulen und als Kindererholungsheime genutzt werden. In diesem Bereich befindet sich auch das Materiallager vom Wasser- und Schiffahrtsamt. Anno 1966/67 wurde dazu ein neuer Leuchtturm gebaut, der den alten Turm im Ort (Bj. 1856) dann im Jahre 1969 ablöste (links oben). Der neue LT hat eine Höhe von 64 Metern (Leuchtfeuer bei 60 Metern). Auf dem Bild oben sehen wir einen Personenzug Richtung Westen, der wahrscheinlich für die Ferienheime dort im Einsatz ist. Unten ein Güterzug auf einem Abschnitt mehr zur Abzweigung der Saline hin. Die kleine 329 501 scheint sich geradezug zwischen den Güterwagen verstecken zu wollen, gibt aber durch die rote Farbgebung doch ein gutes Bild ab (Aufnahmen vom 1. Juni 1988).   
Fotos (2) Ulrich Budde         
 

Ein Zug der Inselbahn, so richtig im Outfit der 60er Jahre. Die Köf 329 501 ist mit der zweiten Garnitur beauftragt, die aus den “alten” Personenwagen besteht. Hinter dem Packfahrzeug aus der Abteilwagenzeit läuft der siebte Wagen der im Jahre 1959 im AW Limburg erstellten Umbauwaggons (die erste Garnitur bestand nur aus diesen Umbaufahrzeugen). Man steht auf dem Ortsdeich und wartet auf einige Bekannte im Zug, für die der Urlaub nun zu Ende ist. Hinter der Lok ist ein Niederbordwagen eingereiht, der die Gepäckcontainer für die Schiffsverladung trägt (August 1969). Ein Vergleich mit dem Triebwagenfoto zwanzig Jahre später (s.o.) zeigt, dass neue Häuser an der Strecke gebaut worden sind.  

Die Köf rangiert im August 1969 am Bahnübergang im östlichen Bereich des Bahnhofs. Nach rechts geht es ca. noch 300 Meter weiter in ein Ziehgleis, das früher das Streckengleis zum Ostanleger war. Sehr interessant ist die Beschriftung der Lok. Ursprünglich kam das Maschinchen anno 1952 als V 11 901 in Betrieb und hatte wesentlich kleinere Fenster. Im Jahre 1958 wurde sie zusammen mit ihren beiden Insel-Schwestern nun als Kleinlok eingestuft und bekam die Nummer Köf 99 501 (99 für Schmalspurloks). Die offzielle Umzeichnung auf Computerbeschriftung erfolgte zum 1.1.1968, jetzt hiess sie 329 501-1. Ab wann die neue Beschriftung genau an der Lok angeschrieben war, ist unklar. Etwas ungewöhnlich war hingegen, dass sie noch einige Jahre zusätzlich die “Köf” Bezeichnung behielt, dazu noch in der versetzten Schreibweise. Im Zuge der Umstrukturierung der deutschen Bahnen musste wiederum der Farbtopf bemüht werden, denn ab 1992 wurde die Maschine als 399 101 beziffert. Auch das DB-Zeichen auf dem Bild scheint vom Schriftbild aus älteren Tagen zu stammen, denn - wenn nicht ausgeschrieben - wäre nun ein DB-”Keks” üblich.  

Hier kommt uns die erste Zuggarnitur entgegen, wie sie in den 60er Jahren üblicherweise fuhr. Neben dem alten Gepäckwagen gibt es sechs neuere Waggons der Gattung KB4i-59, die vom AW Limburg 1959 auf alten Untergestellen der Abteilwagen erbaut wurden. Im Outfit erinnern sie ganz stark an die in grosser Zahl erstellten dreiachsigen und vierachsigen Umbauwagen für die Normalspur. Anfang der 70er Jahre erhielten einige Fahrzeuge Werbebeschriftungen (sog. Ganzwerbung) und waren nun bunte Farbtupfer im ansonsten grün-roten DB-Farbschema. Die Aufnahme wurde mit Teleobjektiv an der Bahnhofseinfahrt gemacht, wodurch die Zuggarnitur sehr gedrungen wirkt, was aber gut die Grössenverhältnisse zwischen der Köf 329 503 und den Wagen vermittelt. Im Dunst erkennen wir ganz links über dem Deich den Westturm und ganz rechts den neuen Leuchtturm im Westen der Insel (Sommer 1969). 

Dies ist nun eine “eingemeindete” Lok, denn es handelt sich um die 329 504, die als B-Kuppler 1952 von der Fa. Klöckner-Humboldt-Deutz für die Inselbahn Juist gebaut wurde. Dort wurde sie als “Heinrich” bis 1971 gebraucht, kam dann für etwa ein Jahr auf Mietbasis nach Wangerooge und wurde im September 1972 von der DB offiziell mit der obigen Bezeichnung in den Lokpark eingestellt. Sie war meist im Güterverkehr eingesetzt. Beim Deich mit seinem Durchlass (Deichschart) begegnet uns am 26. Mai 1988 dieser urige Zug, so ganz als ein Sinnbild der Inselbahnromatik.  
Foto Ulrich Budde

Im westlichen Bereich vom Empfangsgebäude des Ortsbahnhofes gibt es einen Anbau für die Güterverladung. Da ja fast alles mit Bahn befördert werdn muss, haben die Mitarbeiter nicht schlecht zu tun. Für das Gepäck der Touristen gibt es eigene kleine Container, die direkt ins Schiff verladen werden können, für die restlichen Stücke stehen zahlreiche offene und geschlossene Güterwaggons zur Verfügung (Köf 329 502 im August 1969). Die Lok war wie auch ihre Schwestermaschine über dreissig Jahre im robusten Inseleinsatz! Heute sind beide im Museum Prora auf Rügen.  

Am Anleger
Der sog. Westanleger auf Wangerooge ist eine geschäftige Zone und so ein bisschen eine Welt für sich. Denn die unmittelbare Nähe von Land und Wasser kommt auf die Inselbahn bezogen ja nur an diesem Ort richtig zur Geltung. In den Stunden der Schiffstouren ist hier, besonders in der Sommersaison, eine gewisse Hektik, die man sonst von der Insel nicht kennt. Erwartungsfrohe Neuankömmlinge stürmen den bereitstehenden Zug und bewundern die entgegenkommenden braungebrannten Urlauber, für die es nun wieder nach Hause geht. Schnell muss das Gepäck umgeladen werden, was aber mit einer eingespielten Truppe rasch geht. Ansonsten kommen vom Festland kleinere Frachter, die andere Güter und Rohstoffe zur Insel bringen. Von der Inselbahn werden auch einige spezielle Güterwaggons vorgehalten, auf alles muss man schliesslich vorbereitet sein.  

Ganz oben ein Motiv vom Sommer 1969, wo an der beginnenden Pfahl-/Dammstrecke zur Insel die Köf 329 502 ein Rangiermanöver ausführt. Rechts ein toller alter Kesselwagen mit Speichenradsätzen (Nr. 90, ausgemustert um 1980). Man beachte dazu die Aufschrift als Zeitdokument der damaligen Epoche.      
Oben sind wir im Sommer 1967 vor Ort. Die Köf 99 503 besitzt noch die alte Beschriftung der sog. Modellbahnepoche 3b. Die wenigen Bauten sind bewusst auf Stelzen errichtet, um auch den stärksten Fluten trotzen zu können. Hinter der Lok erstreckt sich am Harlehörn der Westteil der Insel mit dem neuen Westturm von 1933/34 (ganz links).   
Unten eine tolle Betriebsszene vom 1. Juni 1988. Die Aufnahme ist ein Spiegelbild der 70er und 80er Jahre und präsentiert uns alle drei vorhandenen Loktypen der damaligen Zeit. Im Vergleich sind die Unterschiede und Grössenverhältnisse zueinander gut zu erkennen. Links die 329 504 der früheren Juister Inselbahn, in der Mitte das Urgestein von 1952, die 329 501, sowie rechts die 1957 angelieferte 329 503. Alle Loks haben nun eine einheitlich aussehende Beschriftung mit grossen Ziffern und DB-Keks.      
Foto unten Ulrich Budde
Ganz unten sind wir an der Ausfahrt vom Anleger Richtung Wattstrecke. Die Linie macht hier eine grossgezogene S-Kurve, zunächst mehr auf den neuen Leuchtturm zu, dann nach rechts zur Salinie und weiter zum Ort. Im Bild die 399 105-6 aus rumänischer Fertigung (Bj. 1990), die mit einer Schwestermaschine anno 1992 von der Mansfeld Transport GmbH auf die Insel kam.          
Foto ganz unten Zeno Pillmann

Nebenbahnidylle pur im Sommer 1969. Neben dem “Bw” sehen wir hier ein Freiladegleis, wo bestimmte Güter direkt umgeladen werden können. Wo andernorts sich die LkWs tummeln, geht es auf der autofreien Insel geruhsamer zu und es müssen Elektrokarren oder das gute alte Arbeitspferd herhalten. Und wo es sonst Reifenabrieb und Ölspuren gibt, liegen nun andere Teile auf der Strasse ... Die Köf 329 502 rangiert “frischen” Nachschub für die durstigen Gäste. Der Gebäudeteil rechts stammt aus den Anfängen der Bahn und hat den Baustil der im Zweiten Weltkrieg zerstörten, rechts vor dem Aufnahmegebäude gelegenen Bahnhofshalle. Der Lokschuppen links stammt von Mitte der 30er Jahre. Der gemischte Frachtenzug im Bild wäre ein tolles Vorbild für die Modellbahn. Einzelne Fahrzeuge der Wangerooger Inselbahn gibt es von Kleinserienherstellern für die Baugrösse HOm (1:87) und IIm für den Garteneinsatz (1:22,5). Und den Leuchtturm “Roter Sand” (s.u.) gibt es auch als Modell im Maßstab 1:25 und 1:100. Also, auf in die Modellwerkstatt!

Ein Bild vom Ursprungszustand der ersten Diesellok auf Wangerooge. Damals im Mai 1952 wurde sie unter der Bezeichnung V 11 901 abgeliefert. Nach dem sauberen Zustand der Stangen müsste das Foto kurz nach Ablieferung der Lok auf der Insel entstanden sein. Im Vergleich zu den Bildern oben und unten kann man gut erkennen, dass die ursprünglichen Fenster viel kleiner bzw. neben der Türe gar nicht vorhanden waren. Nach Literaturangaben soll die Lok sehr (nach-)baugleich mit der Köf 6001 für 750 mm Spurweite gewesen sein (Bj. 1941). Der Umbau mit den Fenstern muss um 1960 stattgefunden haben. Natürlich fehlt eine dritte Frontleuchte, denn die wurde bei der DB erst Mitte der 50er Jahre verbindlich. Neben der eigentlichen Umzeichnung auf Köf 99 501, 329 501 und 399 101 gab es verschiedene Formen für die Angabe des Eigentümers “DB” und Schrifttypen.
Foto Sammlung VOBA

Im östlichen Teil des Bahnhofs rangiert die 329 501 einen Güterwagen mit Behältern. Man datiert den 11. Juli 1985. Die Lok hat wieder mal eine interessante zeitbezogene Beschriftung mit sehr grossen Ziffern, aber es fehlt jeglicher Hinweis auf den Eigentümer. Weder das einfache “DB” noch der DB-Keks sind zu sehen. Auch ist ein anderes Phänomen zu konstatieren. Je nach Epoche und damit Lackierung des fotografierten Fahrzeugs, nach Lichteinfluss am Tag der Aufnahme oder nach benutztem Farbfilm erscheint bzw. erschien das Fahrzeug in ganz unterschiedlichen Farbtönen, mal mehr Richtung orange wie auf dem vorliegenden Bild, mal mehr Richtung Dunkelrot. Im Bereich des Standortes der Lok gibt es einen breiten Bahnübergang, der auch die Zufahrt zum alten Freiladegleis umfasst. 
Foto Matthias Gronemann

Wangerooge - Erholung ist eine Insel
Die Insel Wangerooge kann als Seebad auf eine lange Tradition zurückblicken, denn bereits 1804 kamen die ersten Badegäste zu Besuch. Man kann sich gut vorstellen, dass die Anreise zu damaliger Zeit alles andere als bequem war. Stützpunkt auf dem Festland war die Friedrichschleuse in Carolinensiel, dann ging es mit einfachen Kähnen zur Insel, wo es natürlich noch keinen richtigen Anleger im heutigen Sinne gab. Wie es dann in den nächsten Jahrzehnten im einzelnen weiterging, darüber wird nur sporadisch berichtet. Einen gewaltigen Aufschwung gab es dann aber mit dem Bau der Inselbahn anno 1897 mit Anleger und kurz darauf mit direktem Zuganschluss auf dem Festland in Harle. Wir wissen schon, dass der Insel eine sehr hohe militärische Bedeutung zugewiesen wurde, was zu umfangreichen Einrichtungen führte, dem Gast letztlich aber nutzen konnte. Der Westanleger bspw. ist ja so ein Relikt aus der alten Marinezeit. Auf jeden Fall flossen reichlich staatliche Mittel auf das Eiland, ganz im Gegensatz zu den meisten anderen Ostfriesischen Inseln. Dazu gehörten auch die immensen Anstrengungen zur Stabilisierung der Insel, denn die wanderte durch Abtrennung im Westen und Anspülung des Sandes immer weiter nach Osten. Erst in neuerer Zeit scheint hier ein gewisser Stillstand eingetreten zu sein. In der Zwischenkriegszeit wurde die Insel auch von vielen Gästen besucht, ein zwar oft trügerischer Aufschwung, der aber vielen Seebädern zu Ruhm und Ehre gereichte. Die militärstrategische Lage der Insel war natürlich im Zweiten Weltkrieg ein Bumerang, denn für viele feindliche Flieger war hier die Einflugschneise zum Festland. Kurz vor Kriegsende ereilte die Insel das Schicksal vieler anderer Gemeinden und wurde von einem schweren Angriff heimgesucht. Mit dem Wirtschaftswunder der 50er Jahre begann dann die wirklich grosse, bis heute andauernde Zeit der Touristenströme. Konzentrierten sich die Besuche zunächst auf etwa drei Monate im Sommer, so gibt es heutzutage viele Gäste, die das gute Klima zu jeder Jahreszeit geniessen wollen. Das Hauptgeschehen konzentriert sich auf den Ort mit seinem breiten Badestrand. Im Westen der Insel gibt es weitere Bademöglichkeiten. Ein tolles Highligt ist der alte Leuchtturm von 1856 mit Inselmuseum (inklusive der 99 211) und Standesamt! Vom Turm aus hat man eine prächtige Sicht auf die Inseln und bei gutem Wetter sogar bis Helgoland. Dieser Turm wurde 1969 ausser Betrieb gesetzt und im Westen durch einen höheren LT ersetzt. Mittlerweile gibt es natürlich für die ganze Familie zeitgemäss viele Kinderattraktionen, Sportangebote und Wellnesseinrichtungen. Also, was soll uns hindern, ins Urlauberparadies aufzubrechen ...    
 

Über den Tellerrand: Von Wangerooge aus in die grosse weite Welt?
So direkt wohl nicht und auch kaum mit der Inselbahn, aber im übertragenen Sinne schon. Denn Wangerooge gehört zu den wenigen Inseln an der Nordseeküste, von wo aus man “richtige” Schiffe sehen und diese auch näher besuchen kann. Denn nordöstlich vor der Insel liegen hintereinander das Jade- und das Weserfahrwasser, die von teilweise wirklich grossen Pötten befahren werden. Durch die Jade gelangen die Tanker zu den wichtigen Entladestellen nach Wilhelmshaven, der dazu auch ein wichtiger Standort der Marine ist. Nach Bremerhaven fahren viele Frachter und heute Containerschiffe, sowie zeitweise auch Kreuzfahrschiffe. In den 60er Jahren war das insofern etwas anders, da die Touren mit den Kreuzfahrschiffen noch in den Anfängen steckten, dafür gab es aber noch rudimentären Planverkehr mit Passagierdampfern. So konnte man damals u.a. die “Bremen”, die “United Staates” oder die “Alexander Puschkin” (mit dem Fernglas) verfolgen, auch ist der Riesentanker “Esso Deutschland” ganz nah vor der Insel in Erinnerung. Für die Urlauber wurden dann Fahrten mit den hochseetüchtigen DB-Schiffen organisiert und zum Seeschiffahrtsweg hinausgefahren. Am Wochenende lagen hier meist etliche Frachter auf Reede und warteten auf einen Platz am Anleger. Dabei liess es man sich natürlich nicht nehmen, auch den beiden Leuchtürmen “Roter Sand” und “Alte Weser” einen Besuch abzustatten, die etwa 15 Kilometer von Wangerooge entfernt in der offenen See ihr Dasein fristen. Oben auf dem Foto hat MS “Wangerooge” im August 1967 gerade vom Anleger abgelegt und geht zusammen mit dem Schwesterschiff “Oldenburg” auf grosse Fahrt.  

Leuchttürme - Sinnbild technischer Machbarkeit und notwendig für die Sicherheit auf unseren Meeren
Für die vielen Leuchtturm-Fans ist die Gegend um Wangerooge natürlich ein Paradies. Nicht nur, dass es auf der Insel selbst zwei derartige Bauten gibt, auch nordwestlich vom Eiland liegen zwei Türme, die mit den Schiffen besucht werden können. Dabei hat es der “Rote Sand” (rechts) zu wirklich hohem Ruhm gebracht, denn durch viele Berichte, Modellnachbildungen und Werbespots dürfte dieses Urbild eines Leuchtturms fast allen Leuten in unseren Breitengraden bekannt sein. Das “Gebäude” war bei seiner Inbetriebnahme 1885 der erste Leuchtturm, der vollständig in der offenen See stand. Das Fundament ist ein sog. Caisson, eine grosse Stahlröhre, die in den Meeresgrund gerammt und mit Beton ausgefüllt wurde. Die Gründung im Meeresboden beträgt ca. 12 Meter. Der Sockel unter Wasser beträgt bei normaler See etwa 10 Meter. Hoch ist er 28 Meter mit dem Leuchtfeuer auf 23 Metern. Nach Inbetriebnahme des neuen, etwa 3 Kilometer nordwestlich stehenden Leuchtturmes “Alte Weser” (links) anno 1964 hatte der alte Turm ausgedient und schien zunächst dem Verfall preisgegeben. Aber Mitte der 80er Jahre wurde der Turm in einer gewaltigen Aktion unter den Fittichen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und mit vielen Spenden restauriert und gilt seit dem Neuanstrich 1988 als “maritimes Denkmal” erster Güte. Die spektakulärste Sache bei der Renovierung war ein neuer Stahlmantel um den Sockel bis weit in den Meeresgrund, der in einer wirklich sensationellen Aktion mittells zweier grossen Schwimmkräne am 1. Oktober 1987 über den Leuchtturm gestülpt wurde!! Zwischen neuem Stahlmantel und dem alten Sockel wurde dann wieder Beton aufgefüllt, so dass der Stand des Turmes nun auf Jahrzehnte gesichert scheint. Der neue LT “Alte Weser” ist zwischenzeitlich natürlich voll automatisiert und hat eine Höhe von 38 Metern mit dem Leuchtfeuer auf 33 Metern. Die beiden Bilder stammen vom August 1967 und wurden vom DB-Schiff “Wangerooge” aus gemacht. Die See sieht zwar recht ruhig aus, aber geschaukelt hat das Schiff mit gewissen Folgen schon ...   

Die grossen Passagierdampfer - der Stolz jeder Flotte
Neubauten und Touren von sehr grossen Kreuzfahrschiffen sind ja auch heute noch eine spektakuläre Angelegenheit und in den Medien breit vertreten. Das war vor Jahrzehnten nicht anders, nur waren die Ozeanriesen meist mehr länderbezogen zu sehen. So hatte Deutschland u.a. seine “Hanseatic” oder “Bremen”, die Engländer ihre (alte) “Queen Mary”, die Franzosen ihre “France” oder die Amerikaner ihre “United Staates”. Und letzteres Schiff war ja der eigentliche Anlass der “Fahrt in See” im August 1967. Nachdem der Dampfer einige Tage zuvor Bremerhaven angelaufen hatte und die Vorbeifahrt von der Insel aus beobachtet werden konnte, ging es nun bei der Rückreise zur Verabschiedung des grossen Pottes. Die damaligen beiden DB-Schiffe der Tour waren natürlich als hochseetauglich einzustufen (und fuhren öfters wie die heutigen Nachfolger nach Helgoland), aber in der offenen See schienen sie doch eher verloren und neben der “United Staates” rechte Nußschalen. Der US-Kapitän stoppte den Dampfer ab und man konnte den Riesen dann umrunden. Einige Passagiere standen an der Reeling und wunderten sich vielleicht über die beiden kleinen Boote. Bald darauf war der Spuk aber schon vorbei und das Schiff drehte nordwärts ab in die wirklich weite Welt auf dem noch mehrtägigen Weg nach New York.    
Unten ein Bild vom Anleger, zwar nicht am gleichen Tag aufgenommen, aber wenig später, sozusagen als Sinnbild dafür, dass man wieder “wohlbehalten auf sicherem Grund zu Hause war” und die bekannte Inselbahn vor Augen hatte. Im Hintergrund am Kai logiert das DB-Fahrgastschiff MS “Oldenburg” (Bj. 1958 bei Rolandwerft, Bremen).  

Auf der Insel sind natürlich auch einige Dienstfahrten notwendig. Hierfür besass die Bahn zwischen 1977 und 1994 das abgebildete Fahrzeug, das hier bei schönstem Licht am Anleger aufgenommen wurde (15. Septmber 1982). Es handelt sich beim Gefährt um ein Normalspurfahrzeug, das im AW Bremen auf die 1.000 mm-Schmalspur umgebaut wurde. Bei der DB waren diese kleinen Wiesel vom Typ Klv bei vielen Bahnmeistereien zu finden. Auf der Insel bekam die “Draisine mit Dach” die Bezeichnung Klv 09-0002.      
Foto Ulrich Budde

Dampflokromantik auf Wangerooge
Der planmässige Dampfbetrieb wurde mit Anliefeung der beiden Köf 99 502 und 503 im Sommer 1957 offiziell eingestellt. Da die Linie zum Ostanleger ein Jahr später auch aufgegeben wurde, war der Betrieb zu damaliger Zeit ohnehin dann als etwas vermindert zu erwarten. Bis zur endgültigen “Verdieselung” gab es auf den Strecken noch die beiden Dampfloks 99 023 und 99 211. Die 023 wurde am 22.11.1957 ausgenmustert und bald darauf verschrottet. Die 211 blieb vom 1.7.1957 bis zum Ausmusterungtermin am 18.8.1960 als Reservemaschine vorgehalten. Ob sie aber jemals noch angeheizt wurde, ist unklar. Fotos aus diesen Jahren sind bisher nicht aufgetaucht. Nach der offiziellen Ausmusterung wurde die Lok für etwa acht Jahre im Lokschuppen hinterstellt. Sie war zwischendurch für ein Museum auf dem Festland vorgesehen, wurde dann aber von der Gemeinde Wangerooge selber als Denkmal auserkoren. Seit dem 21.6.1968 steht sie nun am Fusse des alten Leuchtturms, in dem jetzt ein kleines Inselmuseum angesiedelt ist. Die Lok wurde vor einigen Jahren mal überholt, aber die rauhe Salzluft nagt natürlich schon am alten Eisen. Es ist schade, dass man somit keine einsatzfähige Dampflok mehr auf der Insel hat. Aber die damalige Zeit der Abstellung war wohl noch nicht reif für einen Museumsbetrieb und auf der Insel gibt es verständlicherweise wohl mehr Schiffsfreunde als Eisenbahnfans. Dass eine Dampflok eine tolle Touristenattraktion ist, haben ja die zeitweisen Einsätze der “Franzburg” vom DEV Ende der 90er Jahre bereits bewiesen.  

oben links: Beim Sommerurlaub 1966 konnte man erstaunt am Abreisetag die Maschine vor dem Lokschuppen erspähen. Leider war nur die Minox zur Hand, so dass wir das grobe Korn in Kauf nehmen müssen.   
oben rechts: Als man 1969 auf die Insel kam, war die Lok bereits am alten Leuchtturm angekommen. Da hatte sie - oh Schreck - bei der Lackierung hellblaue Treibstangen bekommen! Etwas unscheinbar in den Laubbüschen kommt sie schon daher, und im Vergleich zum 53,5 Meter hohen alten Leuchtturm ist das Lökchen schon ein Winzling (Foto 1972). 
unten: Im Sommer 1967 war sozusagen das Paradies ausgebrochen, denn da wurde dem jungen Lokfan die 99 211 von einer Köf 99 aus dem Lokschuppen gezogen! Einen interessanten Anblick vermitteln nicht nur das Fahrwerk der Lok, sondern fast noch mehr die alten Schilder mit Lokschild, Bw- und BD-Schild sowie Gattungszeichen (K = Kleinbahnlok). Wo diese Raritäten heute wohl schlummern oder sollten die Schilder an der Denkmallok echt sein? Man kann es sich hinsichtlich der ungezügelten Sammelwut einiger so genannter Lokfans eigentlich nicht vorstellen oder?      

Unser Web-Tipp: Über die deutschen Inselbahnen gibt es ein grosses Archiv im Netz
www.inselbahn.de   

Fahrkarte Sommer 1967

Kartenausschnitt vom DB-
Kursbuch Sommer 1966
Vorlagen (2) Sammlung VOBA

Auf dem Sprung zur Insel
Der Stützpunkt für die Überfahrt ist Harle, eine kleine Ansiedlung, die zur Ortschaft Carolinensiel gehört. Hier gibt es für die Autofahrer einen grossen Abstellplatz, denn auf die Insel muss man “per Pedes” und dann natürlich mit der Inselbahn. Touristen ohne Automobil können ab dem Bf. Sande (kurz vor Wilhemshaven) den “Tidebus” nehmen. Früher ging das zwar langsamer, aber dafür bestimmt etwas geruhsamer, denn bis zum 27.9.1987 konnte man noch mit dem Zug nach Harle fahren. Von der Küstenbahn Sande -Wittmund-Norden gab es von Jever eine etwa 20 Km lange Stichbahn, die ab 1.9.1888 bis Carolinensiel, ab dem 1.7.1890 dann bis Harle eröffnet wurde. Also parallel zum Bau der Inselbahn auf Wangerooge (1887). Der Fahrplan war stark durch den Tidebetrieb der Schiffe gekennzeichnet und änderte sich - auf den Wangerooger Anschluss bezogen - täglich. Zeitweise gab es durchgehende Züge von Wilhelmshaven bzw. Kurswagen aus Oldenburg und Bremen. Ein Jahr nach dem Personenverkehr wurde der Güterverkehr auch kassiert (25.8.1988). Die Trasse ist heute leider abgebaut.

ganz oben: Das ist der Vorplatz beim Anleger. Der alte DB-Keks rechts oben und mit kecker Möwe (weiß wie die Unschuld des DB-Strukurwandels?) zeigt uns, wer hier das Sagen hat (Juli 1967). Das Schiff ist MS “Oldenburg” von 1958.
oben links: Das Bild ist uns vom 1965er-DB-Bericht bekannt, passt aber hier so gut hin, dass wir es nochmals bringen. Im August 1965 wird bei der Abfahrt noch eine Dampflok (78 263 vom Bw Emden) gebraucht. 
links: Bei der Abfahrt im August 1967 ist eine Köf hier tätig. Die 6030 war als Rangierteckel eingesetzt. Offenbar hat sie auch schonmal einen Zug gezogen. 

Bereits beim Sommerurlaub 1966 hatte man die Köf 6030 am Anleger gesehen. Wegen des guten Wetters war damals ein Diafilm in die Kamera eingelegt. Die Lok hat, abweichend von der Regel, eine stabile Türe erhalten, was bei der oft steifen Brise an der Küste bestimmt von den Bahnmitarbeitern geschätzt wurde. Die Anschriften weisen das Fahrzeug dem Bw Oldenburg der damaligen BD Münster zu. Ein schönes Detail der Hemmschuh auf dem Umlaufblech: Sollte damit im Notfall etwa ein Wagen aufgehalten werden, bevor er ein Bad in der Nordsee nehmen wollte?     
 
Unten eine Übersichtsszene vom Juli 1969. Nun steht eine zeitgemässe Streckenlok der Reihe V 100 parat. Der erste Wagen der alten Eilzugbauart ist ein relativ bequemes Fahrzeug für die bahnreisenden Urlauber und hat auch die erste Klasse. Vielleicht ist es sogar ein Kurswagen. Ansonsten erkennt man dahinter wieder die üblichen Umbau-Dreiachser. Hochinteressant dazu die Autoansammlung der sog. Modellbahn-Epoche 3b. Die Oldies unter den Bahnfans sind bestimmt auch Autofans und sollten mal eine Liste der verschiedenen Autotypen erstellen. Da kommt die Erinnerung unweigerlich zu gesteigerten Ehren!              

Die beiden DB-Kursbuchauszüge stammen vom Sommerfahrplan 1966 - so typisch im vergilbtem Farbton der alten DB-Zeiten. Oben sehen wir den normalen Fahrplan für die Stichstrecke 221f von Jever zum Anleger nach Harle. Nur werktags gibt es für die Berufspendler und Schüler zwei Züge. Der Rest wird mit DB-Bahnbussen bedient. Unten der Tidefahrplan für Juli. Für jeden Tag gibt es wegen der wechselnden Hochwasserstände einen gesonderten Fahrplan. Bei Niedrigwasser können die Schiffe trotz “Fahrrinne” nicht durchs Watt verkehren. Fällt eine Hochwassersituation auf den Morgen und Abend zugleich, so gibt es - wie am 1. Juli - auch zweimal am Tag unterschiedliche Fahrtmöglichkeiten zur Insel. Wer die Fahrtzeiten genau studiert, wird zugeben müssen, dass man mittels der sog. Tidezüge mit der Eisenbahn früher recht gut auf die Insel kommen konnte.  
Vorlagen (2) Sammlung VOBA

Zum Schluss des historischen Rückblicks ein Schmankerl aus alten Zeiten. Zwar nicht ganz konturenscharf und gekörnt, aber immerhin über ein halbes Jahrhundert alt. Und dazu ein Foto aus dem privaten Album und nicht ein im Fotoladen zu erwerbender Abzug (die gab es nämllich zeitweise in den beiden früheren Fotoläden auf der Insel). Es ist Sommer 1953 oder 1954 und wir stehen zusammen mit den Urlaubern an der Strecke zum Ostanleger. Der Zug hat vor kurzem den Bahnhof linker Hand verlassen und fährt nun die relativ gerade Strecke gen Osten. Bekanntlich wurde diese wegen der andauernden Versandung und damit mit der Aufgabe der Anlegestelle im Jahre 1958 kassiert. Aber zur Zeit der Aufnahme war natürlich in den Sommermonaten noch viel los. Die 99 023 wurde Ende 1957 ausgemustert. Der Leuchtturm im Ort sieht vergammelt aus.
Foto Sammlung VOBA

Eine Inselbahn mit Zukunft
Unser Bericht konzentrierte sich als “Rückblende” bewusst auf die älteren Zeiten der Bahn. Gleichwohl soll ein kurzer Ausblick in die Neuzeit nicht fehlen. Zur Inselbahn grundsätzlich muss man sagen, dass man in Wangerooge gut daran getan hat, die Linie auch weiterhin zu betreiben. Aus heutiger Sicht ist die Bahn mittlerweile über ihren Transportnutzen hinaus eine schöne Touristenattraktion geworden und ist mit der Insel und dem Urlaub richtig verwachsen. Das war nicht immer so, denn es bestanden Pläne - wie in Juist und Spiekeroog ausgeführt -, einen näher zum Ort gelegenen Hafen zu bauen, was natürlich das prinzipielle Aus für die Bahn bedeutet hätte. Nach einer neuen Serie von Wagen anno 1973 (ex Mosbach - Mudau im Odenwald) gab es dann grössere Veränderungen ab 1990, nicht unwesentlich verbunden mit den politschen Umwälzungen in Deutschland und mit der Gründeung der DB AG (1994). Im Jahre 1992 gab es zwei neue, leicht gebrauchte Dieselloks aus rumänischer Fertigung (399 105+106) sowie 1999 zwei fabrikneue Schöma-Loks (399 107+108). Parallel dazu wurden zwei neue Zuggarnituren angeschafft (zwölf B4i und zwei BD4i), die durch das AW Wittenberge als Weiterentwicklung der Wagen für die Harzer Bahnen erstellt wurden. Anschliessend konnte man die alten Waggons ausmustern. In 1997 wurde die Inselbahn einhundert Jahre alt und da gab es ein besonderes Highlight, denn für einen Monat konnte man vom DEV die Dampflok “Franzburg” auf den Strecken, teilweise im Plandienst, einsetzen. Ein toller Spass für alle Urlauber! Die Lok kam dann noch weitere Male auf Insel, aber es wurde leider kein Dauerzustand. Ach wie schön wäre es, wenn die 99 211 noch einsatzfähig wäre ... Die Bahn zeigt sich heute also als modernes Verkehrsmittel mit einem zeitgemässen Fahrzeugpark und ist für die Zukunft gut gerüstet. Organisatorisch hat sich in den Jahren natürlich auch was verändert. Bereits 1952 kam es zur Gründung der gesonderten Abteilung “Schiffsdienst und Inselbahn Wangerooge” (SIW). Anno 1980 wurde die Stelle direkt der Bundesbahndirektion Hannover unterstellt mit einm eigentständigen Bw Wangerooge! Auch heute noch ist die Bahn in gesonderter Regie bei der DB AG angesiedelt. Pläne zur Privatierung der (an sich rentablen) Bahn sind aber nicht vom Tisch. In den letzten Jahren wurde der Bahnsteig- und Güterbereich grosszügig verändert und dazu auch etwas an den Gleisanlagen. 

Zum Abschluss ein neueres Foto, sozusagen wird die “Rückblende” auf die “Vorblende” umgelegt. Im Bild die 399 108, die mit der 107 von der Firma Schöma im Jahre 1999 auf die Insel kam. Infolge dieser Neuanschaffung konnten die vier alten Köf-Maschinen ausser Dienst gestellt werden. Rechts ein Wagen im aktuellen Outfit der Bahn (30.9.2002). 
Foto Matthias Gronemann


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